Bericht Protest gegen Wish for a Baby Messe in Köln am 18. Oktober 2025
Unser Fokus lag auf der Leihmutterschaft: Der Abschaffung dieser geschlechtspezifischen Ausbeutung der Frauen und der Verteidigung der Menschenrechte der Babys, die in diesem System zur Ware degradiert werden.
Ein Gastbeitrag von Farina G. und Ina Wagner
Am 18. Oktober 2025 um 11 Uhr fanden sich 11 Frauen für die Initiative LFS, unterstützt von mehreren feministischen Gruppen, vor den Sartory-Sälen auf der Friesenstraße in Köln zusammen. Was war der Anlass?
In den von Familie Sartory zur Verfügung gestellten Sälen fand an diesem Wochenende die Kinderwunschmesse „Wish for a Baby“ statt. Entgegen der landläufigen – und durchaus bequemen – Ansicht, auf solchen Messen lediglich ein Angebot an Beratung zu Themen wie „künstliche Befruchtung“ oder „Adoption“ vorzufinden, häufen sich Berichte und Eindrücke, dass Agenturen dort auch für die Inanspruchnahme von Leihmutterschaft und Eizellspende im Ausland werben – Praktiken, die, sowie die Anwerbung, hierzulande zu Recht verboten sind.
Kann es sein, dass das Sichtbarmachen von Frauen in prekären Verhältnissen, z. B. von Leihmüttern, die schillernden Farben der kölschen Vielfaltskulisse arg trüben würde – und der Einsatz für diese Frauen daher ungelegen käme? Entscheidet man sich dort lieber dafür, in den hübsch verpackten Versprechungen auf Designerbabys auf Bestellung nur die hübsche Verpackung zu erkennen? Verschiedene Anzeigen brachten – die desillusionierte Leserin ahnt es bereits – soweit wir wissen, nichts, abgesehen von einer Kontrolle durch das Ordnungsamt, die wir wahrgenommen haben. Sollen wir hoffen, dass es mehrere gab – vielleicht Beamte in Zivil, die die Messe inkognito kontrollierten? Oder waren die uniformierten Kollegen die Einzigen? Marcus Sartory hatte in seiner Antwort auf die Forderung, die Messe aufgrund berechtigter Vorbehalte abzusagen, von „pietätslos“ geschrieben. Immerhin, denn Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte die Forderung im Vorfeld gar nicht beantwortet.
So also war es an den elf Frauen, auf die ethische Misere hinter den Mauern der Friesenstraße 44–48 an besagtem Wochenende aufmerksam zu machen. In Kostümen, die Margaret Atwoods Dystopie „Der Report der Magd“ nachempfunden waren, hielten sie Schilder mit Ausrufen wie „Stoppt den Raubbau an Frauen“ oder „Es gibt kein Recht auf ein Kind“ in die Höhe, sowie das Motto der Kundgebung: „Wish und weg!“
Wie zu erwarten gab es reichlich Gegenwind, der sich bereits vor Beginn der Kundgebung in einem engagierten Security-Mann manifestierte, welcher, auch nachdem die Veranstalterin Ina Wagner ihm bereits zum dritten Mal höflich versichert hatte, dass der Eingang und die Kunden nicht gefilmt würden, insistierte, dass der Eingang und die Kunden nicht gefilmt werden sollten.
Aus einer langsam vorbeifahrenden schwarzen Limousine brüllte ein Glatzkopf ‚verpisst euch!‘ durch das Fenster. Nach einem kurzen Stopp in unserer Nähe fuhr die Limousine weiter.
Nur wenig später war ein junger Mann zu vernehmen, den es überaus verblüffte, dass auch freiwillig kinderlose Frauen sich gegen Praktiken einsetzen, die sie selbst gar nicht betreffen. Nun ist es nicht Aufgabe eines Berichts, den sozialen Horizont des Eigners einer solchen Auffassung zu bewerten, daher soll hier nur der Ablauf der kurzen Diskussion wiedergegeben werden: Nachdem der junge Mann den Sachverhalt der freiwilligen Kinderlosigkeit einiger LFS-Teilnehmerinnen also zumindest oberflächig verstanden hatte, schien er sich zu fragen, was die elf Frauen zu diesem Thema überhaupt beizutragen hätten. Seine vermeintliche Rettung folgte auf dem Fuße: „Ich habe auch keinen Rolls Royce.“, kommentierte die Veranstalterin. Begeistert hellte sich das Gesicht des Mannes auf, denn mit Geld kannte er sich, als Kunde der Messe und im Gegensatz z. B. zu Leihmüttern, natürlich aus. „Na, dann haben Sie in der Schule offenbar nicht aufgepasst, wenn Sie keinen Rolls Royce haben. Wir sind mit unserem Porsche hier!“ Als eine weitere Teilnehmerin entgegnete „Na, dann haben Sie ja genug Kohle, um sich ein Kind zu kaufen!“, antwortete er schlicht „Ja, genau!“ Aber auch jetzt wird der Bericht seine Aussagen selbstverständlich nicht bewerten.
Selbst Marcus Sartory beehrte die Kundgebung mit seiner Aufmerksamkeit. Lässig, die Hände in den Hosentaschen als gehe er spazieren, steuerte er zielgerichtet die beiden LFS-Plakate an, die noch auf „seinem Territorium“ lagen, hob sie auf und entsorgte sie unsanft über die Absperrung. Die Teilnehmerinnen sowie die Kundgebung selbst haben auf seinem Grundstück nichts zu suchen, konstatierte er. Darauf aufmerksam gemacht, dass ihn dies nicht zur Sachbeschädigung berechtige, stutzte er kurz, ließ sich das letzte Wort aber natürlich nicht nehmen. Anschließend verschwand er auffallend schnell.
Sodann konnte die Kundgebung endlich beginnen und wurde von der Veranstalterin eröffnet. Es folgte die aufwühlende Rede von unserer Teilnehmerin Carla, die klarstellte, warum die Gruppe sich zusammengefunden hatte, was es mit den Kostümen auf sich hatte und warum Atwoods Dystopie besonders an diesem Wochenende so aktuell sei.
Ungefähr hier kamen zwei Polizeibeamte vorbei, um einen kurzen Routine-Check unserer Kundgebung vorzunehmen. Die Beamten waren sehr höflich und halfen uns, unseren Standplatz zu vergrößern. Im Weg stehende Rollen wurden ein paar Meter weiter geräumt, unsere Teilnehmerinnen konnten sich an beiden Seiten des Fußwegs gemütlich aufstellen. Sie stellten fest, dass wir vor Ort waren und wir uns tadellos benahmen, und verabschiedeten sich dann. Danach ging es weiter.
Eine weitere Rednerin, Fem, trug ihren ebenso bewegenden Text auf Englisch vor, in dem sie die Frage aufwarf, was Frauen in einer Gesellschaft, die sie als Brutkästen und Eizelllieferantinnen missbraucht, wert sind.
Ina Wagner las aus einem Gerichtsurteil des Bundesfinanzhofs vor, das einem schwulen Ehepaar die steuerliche Absetzbarkeit von Aufwendungen für eine Leihmutterschaft in den USA verwehrte – mit der Begründung, dass ein solches Verständnis das Kind zu einem bloßen Objekt herabwürdigen würde, das lediglich zur Linderung einer seelischen Belastung diene, und dass dies gleichermaßen für die Ersatzmutter gelte, die auf ein medizinisches Hilfsmittel reduziert würde.
Monika Glöcklhofer (Stv. Vorsitzende von Frauenheldinnen e. V.) gab uns in ihrer Rede einen Einblick in den juristischen Widerstand gegen die Messe, den der Verein Frauenheldinnen mit Unterstützung ihres Anwalts Dr. Jonas D. Jacob (Frowein & Partner, Wuppertal) leistet – und welche Erfolge bereits erzielt wurden.
Letztere trug zudem einen Bauchladen vor sich her, um verdutzten PassantInnen und passierenden MessebesucherInnen scheinbar „Kinder zum Verkauf“ anzubieten und sie in ein Gespräch über diesen Missstand zu verwickeln.
Zwischendurch machte die Gruppe mit Sprechchören lautstark auf die Problematik der Messe aufmerksam und erhielt zuweilen den ein oder anderen erhobenen Daumen und sogar Applaus.
Eine nicht vorhergesehene Unterstützung kam aus dem Restaurant, vor dem wir teilweise standen. Nach einem anfänglichen Missverständnis mit deren Bank – die auf dem Fußgängerweg stand und die wir zur Seite stellten, um unsere Materialien darauf abzulegen – dachte ein Mitarbeiter zunächst, wir hätten sie ungefragt vom Restaurant geklaut. Statt Eskalation tauschte man uns die Bank gegen ein Tischchen aus: Unsere Materialien hatten dort mehr Platz und wurden für PassantInnen noch besser sichtbar.
Auch die Presse interessierte sich für die Kundgebung. So traten mehrere Journalistinnen und Journalisten für ein paar Statements der Teilnehmerinnen zu ihrer Kundgebung an die Veranstalterin und Teilnehmerinnen heran.
Ausgelegte Flyer und Broschüren sowie Emma-Magazine boten PassantInnen selbstständige und ortsunabhängige Informationen über die Thematik.
Die Kundgebung wurde gegen 13:30 Uhr offiziell beendet.
