Offener Brief an Andreas Bartsch, Präsident des Nordrheinwestfälischen Lehrerverbands
FEBRUAR 2023
IHR AUFTRITT BEI DER TV-SENDUNG „STERN TV AM SONNTAG“ ZUM THEMA „TRANSGENDERWAHN – GEHT DAS VERSTÄNDNIS ZU WEIT?“
Sehr geehrte Herr Bartsch,
am 05.02.23 nahmen Sie als Gast an der TV-Sendung „Stern TV am Sonntag“ zum Thema „Transgenderwahn – geht das Verständnis zu weit?“ teil, in der u.a. über die Arbeitsblätter zum Thema „Trans“ und „Genderidentität“, die an einem Kölner Gymnasium im Biologieunterricht verteilt wurden, diskutiert wurde. Als Präsident des Lehrerverbandes NRW haben Sie in der Sendung die Meinung vertreten, dass es zum Bildungsauftrag der Schule gehöre, das Thema im „Schonraum Schule differenziert und ehrlich“ zu behandeln, und dass das Thema in aller Munde sei und die Schüler schon von sich aus viel Wissen mitbrächten.
Wir, die Initiative „Lasst Frauen sprechen!“, die sich für die geschlechterbasierten Rechte von Frauen, Lesben und Mädchen und gegen das geplante Selbstbestimmungsgesetz der Ampelregierung einsetzt, möchten uns dazu wie folgt äußern.
Wir stimmen Ihnen voll und ganz zu, dass das Thema differenziert und ehrlich behandelt werden soll. Nach Ihren Äußerungen und Ihrer positiven Haltung vermissten wir allerdings die Aufklärung über die vorhandenen Schattenseiten des Themas. Genau das ist auch das Problem der Arbeitsblätter des Hildegard-von-Bingen-Gymnasiums in Köln: deren einseitige unkritische Darstellung die Kriterien eines Bildungsauftrags unserer Meinung nach nicht erfüllt.
In unserer Initiative „Lasst Frauen sprechen!“ versammeln sich u.a. Lehrerinnen, Sozialpädagoginnen, Elternpflegschaftsvertreterinnen, schulpolitisch engagierte Bürgerinnen, Mütter und Therapeutinnen, die hautnah Berührung mit dem Schulalltag und den Erfahrungen von SchülerInnen haben.
Eltern berichteten uns, wie Mädchen in der Schule mit dem Thema erstmals Kontakt hatten und plötzlich behaupteten, ein Junge sein zu wollen. Zeitgleich tritt das Phänomen auch bei anderen Mädchen aus dem gleichen Freundinnenkreis auf. Wir sehen hier einen deutlichen Klärungsbedarf, inwieweit das Phänomen der sozialen Ansteckung im Spiel ist. Wird womöglich der Wunsch, zum anderen Geschlecht gehören zu wollen, durch ständiges Thematisieren, neuerdings auch von Seiten der LehrerInnen, befeuert (1) ?
Diese Entwicklung beobachten nicht nur wir mit großer Sorge, diese wird auch von renommierten Ärzten bestätigt. Darunter der Psychiater Dr. Alexander Korte, der als Oberarzt in der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Klinikum der Universität München täglich betroffene Kinder und Jugendlichen behandelt (2).
Immer mehr MedizinerInnen sehen die aktuelle Entwicklung in Deutschland mit Skepsis und Sorge. Dabei lohnt der Blick in andere Länder, die ihre Richtlinien zur Behandlung von Minderjährigen in sog. „Genderkliniken“ angepasst haben und sich von körpermodifizierenden Behandlungsmethoden wieder distanziert haben, um diese durch psychotherapeutische Behandlung zu ersetzen (3, 4). Diese Entwicklung hätte unserer Meinung nach auf das Arbeitsblatt des Gymnasiums gehört, um eine ausgewogene Diskussion zu ermöglichen.
Ebenfalls erkennen wir deutlich eine Gefahr darin, wenn LehrerInnen, in Eigenregie aus dem Internet ausgedruckte, Arbeitsblätter im Biologieunterricht verteilen, die Modebegriffe wie „cisgender“, „nicht binarität“, „transgender“ etc., unkritisch abbilden. Schule sollte ein ideologiefreier Ort sein, sowie ein Ort, an dem fundiertes Wissen vermittelt wird. SchülerInnen zu erzählen, wie auf dem Arbeitsblatt zu lesen ist, dass Männer, die sich „als Frau fühlen“ und sich sexuell zu Frauen hingezogen fühlen, lesbisch seien, ist nicht nur homophob, sondern vermittelt den Kindern, dass das biologische Geschlecht unwichtig und lediglich die subjektive und nicht überprüfbare „Geschlechtsidentität“ zu beachten sei. Ebenfalls impliziert es, dass SchülerInnen ihrer eigenen Wahrnehmung nicht vertrauen sollen. Selbst wenn sie einen Mann vor sich sehen würden, zähle nur, ob sich dieser tatsächlich als Mann „fühlt“. Der Glaube, dass Menschen aufgrund der Ablehnung von Geschlechterrollen tatsächlich dem anderen Geschlecht angehören, oder auch keinem („nicht binär“), hat keine Verankerung in der Wissenschaft. Eine Aufklärung über die schädliche Auswirkung der sexistischen Stereotypen, die die Basis der Geschlechterrollen bilden, wäre an der Stelle sehr empfehlenswert.
Dieser Glaubenssatz birgt viele Probleme für den Schulalltag. Wir wüssten gerne von Ihnen, wie Sie diese lösen würden:
- Laut den Richtlinien für Schulfahrten ist „bei mehrtägigen Fahrten gemischter Gruppen […]in der Regel die Teilnahme von mindestens einer weiblichen und einer männlichen Begleitperson erforderlich. Bis einschließlich Jahrgangsstufe 4 ist auch eine ausschließlich weibliche Begleitung zulässig.“
- Wenn sich Herr Schmidt jetzt als Frau Schmidt fühlt und als Frau angesprochen werden möchte, gilt Herr Schmidt dann als weibliche Begleitung und wäre dies dann Ihrer Meinung nach zulässig, auch wenn sich Schülerinnen dann unwohl fühlen würden bzw. gegen die Richtlinien verstoßen würde? Durch das von der Ampel geplante sog. Selbstbestimmungsgesetz, das für Jugendliche ab 14 Jahren gelten soll, sind solche Situationen nicht abwegig, im Gegenteil.
Die Umkleiden für den Sportunterricht und die Toiletten sind in den Schulen aus guten Gründen geschlechtergetrennt. Wenn sich Julius als Mädchen identifiziert, also laut Arbeitsblätter „transgender“ oder „transsexuell“ ist, darf er sich dann bei den Mädchen umziehen oder auf die Mädchentoilette gehen? Welchen Stellenwert haben die schon in Frage 1 angesprochenen Bedürfnisse der Schülerinnen für Sie? - Wie soll aus Ihrer Sicht Aufklärung zu Menstruation und Schwangerschaft in der Schule stattfinden? Werden Mädchen als „Blutende“, „Gebärmutterhabende“ und „schwangere Personen“ angesprochen? Glauben Sie tatsächlich, diese entmenschlichende Reduzierung auf einzelne Körperteile und ‑funktionen von Mädchen und jungen Frauen ist der richtige Weg, Mädchen vom Menstruationsstigma zu befreien? Kann dies etwa Mädchen helfen, unerwünschte Schwangerschaften zu vermeiden? Klärt man so Mädchen auf, dass Sex mit Männern, egal welcher „Geschlechtsidentität“, zu Schwangerschaft führen kann?
Diese Fragen auf den Arbeitsblättern zu thematisieren wäre nach unserer Ansicht sinnvoll, um eine ausgewogene Diskussion mit SchülerInnen anzustoßen.
Wie Sie vielleicht erkennen können, ist das Thema nicht so eindimensional, wie durch die Arbeitsblätter suggeriert wird. Das Wohl der SchülerInnen wird hier nicht ausreichend berücksichtigt. Selbst der Mehrwert, den die Inhalte in der jetzigen Form für die SchülerInnen haben sollen, ist mehr als fragwürdig.
Gerade weil das Thema, wie Sie selbst sagen „in aller Munde ist“ sollte eine kritische Auseinandersetzung der Erwachsenen, die im pädagogischen Bereich tätig sind, erfolgen, um für eine sichere Lernumgebung, frei von jeglicher Ideologie und politischer/ religiöser Agenda, zu sorgen.
Herr Bartsch, gerne würden wir uns zu diesen Fragen mit Ihnen unterhalten und möchten Sie zu einem Gespräch bitten. Auch eine gemeinsame Veranstaltung wäre für uns vorstellbar, denn wir sind vom großen (zukünftigen) Interesse seitens der Lehrer- und Elternschaft überzeugt.
Mit freundlichen Grüßen
Ina Wagner
Initiative „Lasst Frauen sprechen!“
1 https://transteens-sorge-berechtigt.net/221-ansteckung-durch-social-media-nachgewiesen.html
2 https://taz.de/Jugendpsychiater-ueber-Transidentitaet/!5845336/
4 https://www.doccheck.com/de/detail/articles/41739-pubertaetsblocker-das-teenie-dilemma