„Wenn sich die Welt ver­än­dert, muss sich auch die Poli­tik ver­än­dern“ – Erwi­de­rung auf ein ZEIT Online Inter­view mit Mar­co Buschmann

9. Jan 2023

In einem Inter­view mit ZEIT Online, das auch auf der Web­site des Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­ri­ums abzu­ru­fen ist, gab Bun­des­jus­tiz­mi­nis­ter Mar­co Busch­mann einen Ein­blick in den aktu­el­len Stand für den Ent­wurf des soge­nann­ten „Selbst­be­stim­mungs­ge­set­zes“ (SBG). Mit unse­rem State­ment reagie­ren wir als Initia­ti­ve „Lasst Frau­en Spre­chen“ auf die­ses Inter­view und stel­len unse­re For­de­run­gen an die Gesetzgeber.

Teil­erfolg für Feministinnen

Wir begrü­ßen, dass Mar­co Busch­mann Dis­kus­sio­nen und Kri­tik am geplan­ten Gesetz gehört und auf­ge­nom­men hat. Zu einem über­wie­gen­den Teil ist das mehr­jäh­ri­ger, ehren­amt­li­cher Infor­ma­ti­ons­ar­beit von Frau­en gegen gro­ße Wider­stän­de zu ver­dan­ken. Die grund­ge­setz­lich zuge­si­cher­te poli­ti­sche Teil­ha­be und Inter­es­sens­ver­tre­tung von Frau­en wird von zuneh­mend aggres­si­ven Beschimp­fun­gen, Bedro­hun­gen, Dif­fa­mie­run­gen und Ruf­schä­di­gun­gen durch Trans­ak­ti­vis­ten auf Social Media – auch durch Ver­tre­ter aus Medi­en und Poli­tik – beglei­tet. Wir sehen die spür­ba­re Hal­tungs­än­de­rung also als Teil­erfolg für Feministinnen.

Aller­dings beschränkt sich Herr Busch­mann in sei­ner Argu­men­ta­ti­on auf Unter­neh­mens­in­ter­es­sen und geht nicht auf die Ver­let­zung von Frau­en­rech­ten durch das SBG ein, die durch das Deut­sche Grund­ge­setz, die 2018 von Deutsch­land rati­fi­zier­te Istan­bul­kon­ven­ti­on und die UN-Frauen­rechts­konvention CEDAW recht­lich bin­dend zuge­si­chert sind.

Wir wie­der­ho­len daher unse­re Kri­tik aus meh­re­ren aus­führ­li­chen Stel­lung­nah­men und unse­rer Info­bro­schü­re zum SBG und for­dern wei­ter­hin eine voll­stän­di­ge Ver­hin­de­rung die­ser Gesetz­ge­bung. (Zitat aus unse­rer „Geschlecht selbst bestimmt? – Info­bro­schü­re zum Selbst­bestim­mungs­gesetz“ Geschlecht selbst bestimmt? – Info­bro­schü­re zum Selbst­bestim­mungs­gesetz – Initia­ti­ve „Lasst Frau­en Spre­chen!“ (lasst-frauen-sprechen.de)):

  1. Mit einem selbst­be­stimm­ten Geschlechts­ein­trag wird eine Fik­ti­on Gesetz. Das Gesetz beruht auf einer rein sub­jek­ti­ven Behaup­tung, die nicht objek­tiv über­prüf­bar ist. Das objek­tiv fest­stell­ba­re Merk­mal „Geschlecht“ wird hin­ge­gen ausgelöscht.
  2. Vie­le Rege­lun­gen und Geset­ze ori­en­tie­ren sich inter­na­tio­nal an der bio­lo­gisch beding­ten Kate­go­rie Geschlecht. Beson­ders für Frau­en­rech­te ist das bio­lo­gi­sche Geschlecht ent­schei­dend, da die Unter­drü­ckung, Dis­kri­mi­nie­rung und Gewalt von/gegen Frau­en geschlechts­ba­siert ist. Von Femi­nis­tin­nen jahr­zehn­te­lang erkämpf­te Rech­te wer­den in Fra­ge gestellt, wenn „Frau“ nur noch eine selbst­be­stimm­te „Geschlechts­iden­ti­tät“ ist.
  3. Wenn die Fik­ti­on einer selbst­be­stimm­ten „Geschlechts­iden­ti­tät“ juris­tisch geschützt wird, gefähr­det das die Glau­bens- und Mei­nungs­frei­heit. Men­schen dür­fen ihrer über­wie­gend siche­ren Wahr­neh­mung bzgl. des Geschlechts des Gegen­übers nicht mehr fol­gen, wenn sie mit einer Stra­fe bei „Mis­gen­dern“ rech­nen müssen.

Inter­na­tio­na­le femi­nis­ti­sche Kri­tik an Gen­der­iden­ti­täts­ge­set­zen und Fol­gen für Frauenrechte

Das Vor­ha­ben ist mehr als nur „umstrit­ten“ – wie es die Zeit Online bezeich­ne­te. Nur dank der mehr­jäh­ri­gen femi­nis­ti­schen Auf­klä­rungs­ar­beit ist die­ses Vor­ha­ben nach außen gedrun­gen und wird end­lich – nach Mar­co Busch­manns Aus­sa­ge – „leb­haft dis­ku­tiert“. Die Mehr­heit der infor­mier­ten Frau­en sieht ihre Rech­te und die Rech­te der Kin­der durch das Gesetz bedroht. #Frau­en­Sa­gen­Nein zum Selbstbestimmungsgesetz.

Bestä­tigt wird unse­re Kri­tik inzwi­schen auch durch Reem Alsa­lem – die UN-Son­der­be­richt­erstat­te­rin zu Gewalt gegen Frau­en –, die in einem 9‑seitigen Schrei­ben an die schot­ti­sche Regie­rung die Gefähr­dung von Frau­en­rech­ten durch Gen­der­iden­ti­täts­ge­set­ze dar­ge­legt hat.

Wir wei­sen noch ein­mal dar­auf hin, dass die inter­na­tio­na­le Erfah­rung mit die­sem Gesetz vie­le Bei­spie­le des Miss­brauchs zeigt. Fak­ten kön­nen nicht „über­trie­ben, von Ängs­ten und Vor­ur­tei­len gelenkt“ sein.

Dazu Bei­spie­le aus unse­rer Stel­lung­nah­me zum Posi­ti­ons­pa­pier der Fried­rich-Ebert-Stif­tung NRW:

Die­se auf nichts als einer Selbst­aus­kunft basie­ren­de Per­so­nen­stands­än­de­rung erlaubt Män­nern mit kom­plett intak­ten männ­li­chen Kör­pern, Frau­en­räu­me zu betre­ten. Wir spre­chen uns gegen Män­ner in Frau­en­räu­men aus. Das betrifft alle Män­ner: Egal wel­cher Iden­ti­tät, egal wel­cher kör­per­li­chen Verfassung!

Schäd­li­che Prak­ti­ken der Gendermedizin 

Die Behaup­tung, „es gehe nur um Ände­rung des Geschlechts­ein­tra­ges ohne medi­zi­ni­sche Kon­se­quen­zen“, ist nicht halt­bar. Eine Per­so­nen­stands­än­de­rung wird von Medi­zi­nern als ein Zei­chen der „Ernst­haf­tig­keit“ gese­hen. Dadurch wird die Zustim­mung für medi­zi­ni­sche Ein­grif­fe schnel­ler und leicht­fer­ti­ger ausgesprochen. 

Im Inter­view ver­mit­telt Herr Busch­mann den Ein­druck, bei Min­der­jäh­ri­gen wür­den die Eltern „eine star­ke Rol­le im Ver­fah­ren haben. Wenn die Eltern der fes­ten Über­zeu­gung sind, dass es sich um einen vor­über­ge­hen­den Wunsch han­delt, kön­nen sie die Ver­än­de­rung des Geschlechts­ein­trags ja auch verweigern.“ 

Lei­der erwähnt Herr Busch­mann nicht, dass es bereits jetzt Bestre­bun­gen gibt, Eltern der Kin­des­wohl­ge­fähr­dung zu bezich­ti­gen, sol­len sie ihre Zustim­mung vor­ent­hal­ten:
Auch wenn die Rechts­la­ge noch nicht ein­deu­tig ist, so steht die Ver­wei­ge­rung der Zustim­mung von Sor­ge­be­rech­tig­ten zum Tran­si­ti­ons­pro­zess Min­der­jäh­ri­ger immer wie­der mit dem Tat­be­stand der Kin­des­wohl­ge­fähr­dung in der Dis­kus­si­on. (https://www.queerer-beratungskoffer.de/rechtliche-grundlage).

Die Aus­sa­ge von Herrn Busch­mann zu medi­zi­ni­schen Maß­nah­men an Min­der­jäh­ri­gen ent­spricht lei­der nicht der Rea­li­tät. Wir emp­feh­len, eine medi­zi­ni­sche Stu­die durch­zu­füh­ren – finan­ziert durch das Bud­get von 70 Mil­lio­nen EUR des Que­er­be­auf­trag­ten Sven Leh­mann – um zu klä­ren, wie vie­le Min­der­jäh­ri­ge aktu­ell in Deutsch­land „behan­delt“ wer­den durch:

  1. Pubertätsblocker 
  2. Gegen­ge­schlecht­li­che Geschlechtshormone
  3. Brustamputationen
  4. Ope­ra­tio­nen an Geschlechtsorganen. 

Bereits 2010 wur­den meh­re­re Brust­am­pu­ta­tio­nen an Min­der­jäh­ri­gen durch­ge­führt. Die jüngs­te Pati­en­tin war 15 Jah­re alt.

Wir for­dern daher eine wei­te­re durch das Bud­get des Que­er­be­auf­trag­ten finan­zier­te Stu­die, die fest­stellt, wie vie­le der Per­so­nen ihre „Behand­lung“ abge­bro­chen haben und die­se bereu­en.

Zusätz­lich emp­feh­len wir, einen Fonds anzu­le­gen, aus dem die Opfer der nach­weis­lich dau­er­haft kör­per­schä­di­gen­den Pra­xis der Gen­der­me­di­zin in ein paar Jah­ren ent­schä­digt wer­den.

Wie inter­na­tio­na­le Ent­wick­lun­gen zei­gen, wer­den die­se Jugend­li­chen zu wüten­den Erwach­se­nen, die medi­zi­ni­sche Ein­rich­tun­gen ver­kla­gen, weil die­se ihre Sorg­falts­pflicht nicht erfüll­ten. Sie, Herr Busch­mann, sowie Frau Paus und Herr Leh­mann, wür­den für immer in einem Atem­zug mit die­sem Gesetz genannt wer­den, soll­te es in Kraft tre­ten. In zehn Jah­ren wer­den Jugend­li­che, die sich aktu­ell in einer Iden­ti­täts­kri­se befin­den, wis­sen, wer für das Gesetz ver­ant­wort­lich ist – obwohl auf Gefah­ren hin­ge­wie­sen wurde. 

Über­neh­men Sie poli­ti­sche Ver­ant­wor­tung und schüt­zen Sie die Demokratie!

Machen Sie sich bit­te nicht schul­dig und über­neh­men poli­ti­sche Ver­ant­wor­tung, für die Sie Ihr Man­dat erhal­ten haben! Ver­mei­den Sie, dass in zehn Jah­ren in Deutsch­land Fami­li­en gegen Per­so­nen und Insti­tu­tio­nen kla­gen, die aus Popu­lis­mus und Oppor­tu­nis­mus ihre Kin­der in schä­di­gen­de „Behand­lun­gen“ dräng­ten. In Groß­bri­tan­ni­en wird eine sol­che Kla­ge aktu­ell vor­be­rei­tet. In Schwe­den hat sich die Karo­lins­ka-Kli­nik, die Kin­der „behan­del­te“, selbst ange­zeigt. Auch in den USA rufen Anwalts­kanz­lei­en geschä­dig­te Fami­li­en zu Sam­mel­kla­gen auf. 

Wir for­dern von Ihnen, Herr Busch­mann, das „Selbst­bestim­mungs­gesetz“ ganz auf­zu­ge­ben, anstatt es in einer Sala­mi­tak­tik durch­zu­set­zen. Es geht nicht „nur um das Behörd­li­che“. Soll­te das Gesetz in einer „abge­speck­ten“ Form ange­nom­men wer­den, rech­nen wir mit einer schritt­wei­sen Erweiterung.Viele Punk­te, die in den Eck­punk­ten des SBG nicht mehr genannt wer­den, erschei­nen inzwi­schen im Aktions­plan „Que­er Leben“ der Bun­des­re­gie­rung, den wir hier kritisieren.

Um Frau­en­rech­te und Kin­der­schutz zu sichern, for­dern wir neben einer Ver­hin­de­rung des SBG eine ersatz­lo­se Strei­chung des Trans­se­xu­el­len­ge­set­zes (TSG). Gen­der­iden­ti­täts­ge­set­ze wie das SBG und das TSG basie­ren nicht auf der nach­weis­ba­ren Rea­li­tät des kör­per­li­chen Geschlechts, son­dern auf Gen­der­ste­reo­ty­pen – also regres­si­ven sexis­ti­schen Vor­stel­lun­gen von Frau und Mann. Sie bedie­nen eine rei­ne Fik­ti­on des „Geschlech­ter­wech­sels“ und sind damit ver­al­tet.

Wie das SBG ist auch das TSG frau­en­feind­lich und stellt einen Ein­griff in ver­fas­sungs­recht­lich zuge­si­cher­te Frau­en- und Kin­der­rech­te und in die Glau­bens- und Mei­nungs­frei­heit dar. 

Eine fort­schritt­li­che Demo­kra­tie zeich­net sich aber durch Schutz von Glaubens‑, Meinungs‑, Wis­sen­schafts- und Pres­se­frei­heit und vor allem auch durch umfas­sen­de Frau­en­rech­te aus. Sprech­akt­ge­setz­ge­bun­gen und Gesetz­ge­bun­gen, die eine Fik­ti­on zur Grund­la­ge haben, för­dern eine anti­de­mo­kra­ti­sche, anti­frei­heit­li­che, tota­li­tä­re und damit rück­schritt­li­che Ent­wick­lung.

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