Aktions­plan „Que­er Leben“: Aus­schluss von Frauenrechtlerinnen

25. Feb 2023

Sind wir etwa #Nicht­Que­er­Ge­nug?

Im Janu­ar hat­te das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Fami­lie, Senio­ren, Frau­en und Jugend anläss­lich des Akti­ons­plans „Que­er Leben“ zu einem Inter­es­sens­be­kun­dungs­ver­fah­ren ein­ge­la­den.

Dar­in hieß es:

„Der vom Bun­des­ka­bi­nett beschlos­se­ne Aktions­plan „Que­er leben“ geht in die Umset­zung. Orga­ni­sa­tio­nen sind ab sofort ein­ge­la­den, ihr Inter­es­se an einer Teil­nah­me zu bekun­den und ihre Exper­ti­se ein­zu­brin­gen.„
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/interessenbekundungsverfahren-gestartet-208760

Das Bekun­dungs­ver­fah­ren war zeit­lich sehr knapp gehal­ten. Es war nur vom 11. bis 23. Janu­ar Zeit, sich zu bewer­ben, um an einem Plan mit­zu­wir­ken, der für ein „que­er­freund­li­ches Deutsch­land“ sor­gen soll.

Ins­be­son­de­re für Les­ben, Frau­en und Müt­ter besteht ein beson­de­res Inter­es­se, die eige­ne Exper­ti­se ein­zu­brin­gen, da der Aktions­plan – wie wir in unse­rer Stel­lung­nah­me und unse­rer Ergän­zung für les­bi­sche Müt­ter dar­ge­legt haben – Lesben‑, Frauen‑, Müt­ter- und Kin­der­rech­te beschneidet.

Die Initia­ti­ve „Lasst Frau­en Spre­chen!“ hat­te sich beworben

Wie etli­che wei­te­re gen­der­kri­ti­sche oder radi­kal­fe­mi­nist­sche Grup­pie­run­gen und Initia­ti­ven hat sich somit auch die Initia­ti­ve „Lasst Frau­en Spre­chen!“ bewor­ben, in der sich enga­gier­te Les­ben, Frau­en und Müt­ter von Anfang 20 bis 80 zusam­men­ge­schlos­sen haben – vie­le von ihnen mit lang­jäh­ri­ger Erfah­rung in der Frau­en­be­we­gung und in femi­nis­ti­scher Arbeit.

Wir haben ein gro­ßes Inter­es­se dar­an, eine frauen‑, les­ben- und müt­ter­zen­trier­te Posi­ti­on öffent­lich und poli­tisch sicht­bar zu machen – also Femi­nis­mus in sei­nem eigent­li­chen Sin­ne zu betreiben.

Wir wur­den abgelehnt

Ges­tern erhiel­ten wir nun – wie etli­che wei­te­re Initia­ti­ven und Grup­pie­run­gen – eine Absage.

Abge­lehnt und damit aus­ge­schlos­sen wur­den bis jetzt:

Im Wort­laut heißt es:

Bei der Aus­wahl haben wir in Ein­klang mit den for­ma­len Aus­wahl­kri­te­ri­en für den Betei­li­gungs­pro­zess vor allem bun­des­weit agie­ren­de Dach­ver­bän­de der LSBTIQ*-Selbstorganisation mit lang­jäh­ri­ger und brei­ter Exper­ti­se sowie mit zahl­rei­chen Kooperationspartner*innen berück­sich­tigt. Wei­ter­hin haben wir dar­auf geach­tet, dass in den Arbeits­grup­pen unter­schied­li­che Ziel­grup­pen und Regio­nen sowie Pro­jekt­ideen und Metho­den ein­ge­bun­den sind. Auf Bewerber*innen mit Fach­ex­per­ti­se zu The­men, die punk­tu­ell sehr wich­tig, aber für den Gesamt­pro­zess zu spe­zi­fisch sind, kom­men wir ger­ne nach Bedarf der Arbeits­grup­pen im wei­te­ren Pro­zess zu.

Mit die­sem Schrei­ben wird also bei­spiels­wei­se Les­ben, die jahr­zehn­te­lang in der deut­schen Frau­en­be­we­gung aktiv sind, die Exper­ti­se abge­spro­chen und es wer­den offen­sicht­lich nur ohne­hin gro­ße und öffent­lich finan­zier­te Grup­pie­run­gen zuge­las­sen, die – wie wir befürch­ten – die gewünsch­te Regie­rungs­li­nie ver­tre­ten. Damit kom­men gen­der­kri­ti­sche und radi­kal­fe­mi­nis­ti­sche Stim­men, die über­zeugt für Les­ben, Frau­en und Müt­ter spre­chen, nicht zu Wort und wer­den ausgeschlossen.

Que­er­po­li­ti­sche Vor­ha­ben aus dem Aktions­plan wie…

  • das Selbstbestimmungs­gesetz,
  • eine Ände­rung des Grund­ge­set­zes in Para­graph 3 zum Schutz der „sexu­el­len Identität“,
  • die Befür­wor­tung von inva­si­ven Kon­ver­si­ons­the­ra­pie­maß­nah­men an jun­gen Lesben,
  • die Ände­rung des Abstam­mungs- und Fami­li­en­rechts oder
  • die Auf­wei­chung der Kate­go­rie Geschlecht und den Ersatz durch eine selbst­de­fi­nier­te „Geschlechts­iden­ti­tät“

stel­len kon­kre­te Gefähr­dun­gen von Frauen‑, Lesben‑, Müt­ter- und Kin­der­rech­ten dar, die durch das Deut­sche Grund­ge­setz, die UN-Frauen­rechts­konvention CEDAW, die UN-Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on und die EU Men­schen­rechts­char­ta recht­lich bin­dend (!) zuge­si­chert sind.

Daher ist es zwin­gend not­wen­dig, dass gen­der­kri­ti­sche oder radi­kal­fe­mi­nis­ti­sche Grup­pie­run­gen von Frau­en, Les­ben und Müt­tern an der Aus­ar­bei­tung betei­ligt werden.

WIR FOR­DERN:

  • EINE UNVER­ZÜG­LI­CHE ÖFFENT­LI­CHE STEL­LUNG­NAH­ME UND BEGRÜN­DUNG FÜR EINEN AUS­SCHLUSS RADI­KAL­FE­MI­NIS­TI­SCHER LES­BEN, FRAU­EN UND MÜTTER
  • EINE OFFEN­LE­GUNG DER AUSWAHLKRITERIEN
  • EINE OFFEN­LE­GUNG DER AUS­GE­WÄHL­TEN GRUPPIERUNGEN
  • EINE OFFEN­LE­GUNG DER ÖFFENT­LI­CHEN FINAN­ZIE­RUNG DIE­SER GRUPPIERUNGEN
  • EINE AUF­NAH­ME VON RADI­KAL­FE­MI­NIS­TI­SCHEN LES­BEN, FRAU­EN UND MÜT­TERN IN DIE AUSARBEITUNGSGRUPPEN

BILD: Sven Leh­mann, Que­er­be­auf­trag­ter und Staats­se­kre­tär im Bun­des­frau­en­mi­nis­te­ri­um. Foto: © Rai­mond Spek­king / CC BY-SA 4.0 (via Wiki­me­dia Commons)

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